Die "Grüne Berta" wächst weiter - und hat viele neue Ideen
Dritte Verkaufsstelle steht nun in Remlingen. Dr. Schiller lobt Aufbruchstimmung und Imagewandel auf dem Land.
Remlingen. Mit dieser Entwicklung war nicht unbedingt zu rechnen: Innerhalb von nur drei Jahren hat sich die „Grüne Berta“ aus Achim einen soliden Kundenstamm aufgebaut und trägt dieser Nachfrage nun Rechnung. Inhaberin Julia Lüttge eröffnete schon die dritte Verkaufsstelle im Landkreis. Künftig steht in Remlingen an der Bundesstraße 79 nun ,Bertas Lädchen'.
Originell: An der Ausstattung dieser drei Standorte lässt sich die Entwicklung der kleinen Firma ebenfalls ablesen. „Begonnen haben wir mit ,Bertas Heimatständchen' zunächst in Achim und mittlerweile in Bornum/Hauptstraße 7“, erzählt Julia Lüttge, „das Ständchen ist gestaltet wie ein Kaninchenstall, die Waren zum Herausnehmen.“ Nummer zwei ist ,Bertas Hofständchen' in Achim: „Das ist wie ein großer Kleiderschrank, in den man hineingehen kann und die Waren haben etwas mehr Platz.“ In Remlingen kam nun ,Bertas Lädchen' zur Umsetzung, und zwar Am Bahnhof schräg gegenüber der Volksbank: „Mit einem kleinen Satteldach ist es nun unsere bisher größte Verkaufsstelle.“ Außerdem gibt es noch ,Bertas Hofmobil" auf zwei Touren: Montags Achim – Börßum – Bornum – Kalme, mittwochs Achim – Hornburg – Seinstedt.
Wo soll diese Expansion hinführen? „Das nächste große Ziel ist ,Bertas Scheune'. Nicht primär als weitere Verkaufsstelle unserer Erzeugnisse, sondern vielmehr als ein Ort des Zusammenkommens und ein Raum voller Möglichkeiten“, blickt die junge Unternehmerin nach vorn. Sie würde gern eine Anlaufstelle in Achim schaffen und auf diese Weise den Ort, in den sie aufgewachsen ist, wieder mit Leben füllen. Und sie will ihre Entwicklung wertebasiert verstanden wissen, wie sie schon auf ihrer Homepage verrät. Da sagt eine gewisse "Berta": "Ganz am Anfang war ich ein Rind auf einer grünen Weide. Heute bin ich noch mehr als das: Ich bin das Huhn auf der Wiese, das Gemüse auf dem Feld, das Obst auf dem Baum, das Bewusstsein für tolle Lebensmittel und die Art und Weise, wie diese Lebensmittel auf unseren Böden entstehen. Irgendwann einmal möchte ich ebenso der Ort sein, der Menschen, Tiere und Pflanzen zusammenführt."
Von diesem Selbstverständnis und Antrieb junger Menschen auf dem Lande ist Dr. Claudius Schiller hellauf begeistert. "Das ist eine beeindruckende Entwicklung, die wir gerne auch in den vielen anderen unterschiedlichen Bereichen der Landwirtschaft sehen wollen", erklärte der Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung im Landkreis anlässlich der Eröffnung in Remlingen. Die Landwirtschaft sei im Landkreis Wolfenbüttel nun mal einer der Schwerpunkte der regionalen Wirtschaft. "Wir unterstützen jeden Versuch, Gründungen auf diesem Gebiet nach vorn zu bringen. Gerade hat der Bewerbungszeitraum für das Gründungscamp Lab4Land begonnen, das wieder im August in Schöppenstedt stattfinden wird. Ziel dabei ist es, sowohl neue Ideen für ländliche Räume bis zur Gründung zu beschleunigen, als auch die vielfältigen Kompetenzen der etablierten Unternehmen aus der Region in diese Entwicklungen einzubinden." Infos und Anmeldung dazu hier: lab4land.de
Gerade die Gründung der Grünen Berta sei da herausragend, denn Julia Lüttge habe sich selbstbewusst, mit großer Sachkenntnis und viel Begeisterungsfähigkeit auf den Weg gemacht. "Nun helfen wir vornehmlich im Marketing und bei Aktivitäten, die das Netzwerk ausbauen, wo wir können."
Überhaupt punkte der Betrieb in Achim durch Optimismus und Zeitgeist. "Hier herrscht eine moderne und erfrischende Atmosphäre – dieses Image hat der Landwirtschaft lange gefehlt." Und der Wirtschaftsförderer sieht voraus, dass es unter diesen Rahmenbedingungen gelingen könne, fehlende Fachkräfte wieder aufs Land zu locken. "Erst recht wenn man bedenkt, was sich auf dem Hof Lüttge noch alles tun wird."
Tatsächlich plant Julia Lüttge dort noch etwas ganz anderes: "Vor zwei Jahren habe ich von meinem Onkel einen Resthof gekauft, auf dem wir die Landwirtschaft wieder beleben und unter anderem einen Coworking-Space einrichten wollen." Es soll ein multifunktionaler Raum mit 15 Plätzen werden – Neudeutsch spricht man gern von Work-Stations. "Eröffnen wollen wir 2024."
Bis dahin ist es noch etwas hin, doch schon am Sonntag, 4. Juni, steht das nächste Großereignis an: "Ich arbeite in einer Erzeugergemeinschaft, die unter der Marke ,Wolfenbütteler Landgenuss' auftritt", erklärt die umtriebige Achimerin. Durch die Initiative von Sven Volkers (Landkreis), Björn Reckewell (Tourismusverband) und Andreas Memmert (Samtgemeinde Werla-Schladen) habe sich die Marke entwickelt und lade nun auf das SpargelGUT in Uehrde von 11 bis 18 Uhr zum Hoffest ein. "Auf meinen acht Hektar Betrieb bin ich zwar Einzelkämpferin, aber die Zukunft liegt ganz sicher in Gemeinschaften."
Zwar vertreibt Julia Lüttge seit Beginn überwiegend eigene, selbst angebaute und verarbeitete Erzeugnisse, das Sortiment wird aber stets mit tollen Produkten aus der Umgebung von Partnerbetrieben erweitert. Beispielsweise die kaltgepressten Öle vom Hof Angerstein aus Achim, die Äpfel von Familie Molks aus Evessen und Wildprodukte von Familie Wiesen aus Remlingen, die ihre Hofstelle direkt hinter ,Bertas Lädchen‘ haben. "Solche Kooperationen waren in den 1960er-Jahren viel einfacher, als viele Höfe noch kleinbäuerliche Strukturen mit vielen unterschiedlichen Betriebszweigen hatten." Lange her. Heute wünscht sich Julia Lüttge, dass viele solcher Betriebe erhalten blieben oder reaktiviert würden.
Mittelfristig wäre für den Betrieb „grüne Berta“ etwas mehr Acker- oder Grünlandfläche erforderlich, um das Sortiment neben den bisher angebotenen Produkten wie Eier, Kartoffeln, Zwiebeln, eigens hergestellte Nudeln, Fruchtaufstriche, Säfte, Gewürze, Fleischerzeugnissen und saisonal wechselndes Gemüse erweitern zu können. Das System am Verkaufsstand ist einfach: Die gewünschten Produkte aussuchen, Preise zusammenrechnen und dann an der Vertrauenskasse in bar oder mit Karte bezahlen.
Übrigens ist die Chefin von der Ehrlichkeit der Kunden an der Vertrauenskasse beeindruckt: "Es läuft wesentlich besser als anfangs gedacht, und es ist ein schönes Gefühl, wenn seine Arbeit und auch seine Leidenschaft mit einem ehrlichen Einkauf wertgeschätzt wird. Leider musste ich auch schon schlechte Erfahrungen sammeln, aber dennoch bin und bleibe ich optimistisch."
Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag, 8.30 bis 20 Uhr, Bezahlmöglichkeiten: Bar und mit Karte.
Quelle: Presseinformation von Regio-Press