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Datum: 30.03.2022

Engagement des Monats März - Manfred Wuttke

Seit seiner Jugend hat sich Manfred Wuttke stets ehrenamtlich engagiert. Im Gespräch berichtet der 86-Jährige aus seinem spannenden Leben voller ehrenamtlicher Tätigkeiten.

Welche Ehrenämter üben Sie aus und wie sind Sie dazu gekommen?

Seit dem Jahr 2000 bin ich als Schatzmeister im Förderverein der Musikschule tätig. Dazu gekommen bin ich über meine Frau, die eine Flötengruppe besuchte und mir von dem Posten erzählte. Durch meinen früheren Beruf im Bankwesen habe ich eine gewisse Affinität zu den Aufgaben als Schatzmeister und da ich gerade in den Ruhestand eingetreten war, passte alles ziemlich gut.

Außerdem bin ich seit 2019 Mitglied im Arbeitskreis für die Wolfenbütteler Kinder- und Jugendbuchwoche, die jährlich vom Freundeskreis der Stadtbücherei ausgerichtet wird. Dort bekleide ich das Amt als Rechnungsführer, auf welches ich über Bekannte aufmerksam geworden bin.

Ich habe aber schon mein ganzes Leben lang ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt, beginnend als Klassensprecher während meiner Schulzeit. Als unsere Tochter zur Schule ging, war ich Elternvertreter, Schatzmeister im Schulelternrat und Vorstandsmitglied des Gesamtelternrates. Viele Jahre meines Lebens habe ich auch im Vorstand eines Tanzsportclubs und in meiner Kirchengemeinde gearbeitet, einige Jahre davon in der Landessynode der Braunschweigischen Landeskirche. Ich finde es wichtig durch meine ehrenamtliche Arbeit Einrichtungen zu unterstützen, die der Gesellschaft dienen. Ich möchte der Allgemeinheit etwas davon zurückgeben, was ich in meiner Jugend durch die Schule und Ausbildung selbst erhalten habe.

Was ist Ihr Antrieb? Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich?

Hauptsächlich aufgrund von Personen, die während meines Lebens starke Vorbilder für mich waren und mich geprägt haben. Dazu zählt vor allem mein Klassenlehrer in den 1950er-Jahren, der versucht hat uns zu guten Demokrat*innen und aktiven Staatsbürger*innen zu erziehen. Das war für die damalige Zeit besonders und nicht allgemein üblich, da er selbst ja noch im Dritten Reich ausgebildet wurde. Er hat mir beigebracht, dass das Gemeinwesen nur dann läuft, wenn alle mitwirken – im Großen wie im Kleinen.

Außerdem ist ein ehemaliger Oberlandeskirchenrat zu nennen, den ich als Jugendlicher im CVJM (Christlicher Verein Junger Menschen) kennengelernt habe. Wie er als hohe Amtsperson mit uns umging – gleichberechtigt und nicht autoritär – hat mich inspiriert. Später im Beruf war es dann ein Prokurist der Bank, der mir gute Ratschläge für die Ausbildung und das Abendstudium gab und mir half, gebotene Chancen wahrzunehmen. Er selbst hatte sich – nach Kriegsdienst und Gefangenschaft – durch das Wissen aus diesem Abendstudium hochgearbeitet.

All diese Vorbilder haben mich bewogen in demokratischen Einrichtungen mitzuarbeiten, die unserem Gemeinwesen dienen. Die Bedeutung, die diese Personen für mich hatten, wurde mir erst im Nachhinein bewusst. Ich glaube, ich habe es ihnen nie gesagt.

Was bringt Ihnen persönlich das ehrenamtliche Engagement?

In erster Linie ist es einfach schön, etwas für die Gemeinschaft zu leisten. Andere zu unterstützen und ihnen zu helfen bereitet mir Freude. Außerdem ist es ein guter Weg, auch im Alter aktiv zu bleiben, das Einstellen auf immer neue Dinge und Personen hält gewissermaßen jung.

Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihre ehrenamtliche Arbeit ausgewirkt?

Sehr stark. Es konnte ja lange Zeit im kulturellen Bereich wenig bis nichts stattfinden, sowohl auf meine ehrenamtliche Arbeit als auch auf mein Privatleben bezogen. In der Musikschule mussten wir uns Herausforderungen wie dem Online-Unterricht stellen. Sehr schwer fiel mir auch die in einem Dreier-Gremium getroffene Entscheidung, die Wolfenbütteler Kinder- und Jugendbuchwoche kurz vor dem ersten Lockdown abzusagen, nachdem ich dort erst ein Jahr im Amt war. Und auch die Gesellschaft hat sich ein Stück weit verändert, sodass man sich mittlerweile fragt: Wird es je wie früher?

Gibt es etwas, das Sie sich für die Zukunft des Ehrenamtes wünschen?

Allgemein wünsche ich mir an manchen Stellen etwas mehr Bereitschaft. Ich bekomme mit, dass Stellen nicht besetzt werden, oder Ehrenamtliche keine Nachfolge für ihr Amt finden, weil es mitunter schwerer wird Leute zu finden, die sich engagieren wollen. Auch ich mache mir mittlerweile Gedanken um meine Nachfolge und muss feststellen, dass sich diese Suche schwierig gestaltet. Nichtsdestotrotz ist es schön zu sehen, dass immer noch so viel ehrenamtliche Arbeit geleistet wird, die zum Bestehen einer lebens- und liebenswerten Gemeinschaft beiträgt.

Sie haben von Ihrem früheren Klassenlehrer berichtet, der Sie zu Demokraten erziehen wollte. Sind da die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine beängstigend?

Ja, das sind sie in der Tat. Als im Jahr 1950 der Koreakrieg ausgebrochen ist, löste das trotz der großen Entfernung Angstgefühle bei mir aus, weil die eigenen Erfahrungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit noch sehr präsent waren. Ich hatte gedacht, dass nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs, der gerade einmal fünf Jahre zurücklag, alle Völker schlau genug seien und wüssten, dass Krieg nie eine gute Lösung ist. Zumindest in Europa sind wir seit über 75 Jahren ohne Kriege geblieben, was sich vermutlich auf die demokratische Staatsform zurückführen lässt. Umso besorgter machen mich der Kriegsausbruch gegen die Ukraine, das Leid, das dieser mit sich bringt und die Flüchtlingsströme von Millionen Menschen. All das weckt bei mir auch einige Erinnerungen von früher und sorgt für große Bedenken.

Das Gespräch führte Nicolas Even.