Gesundheitskonferenz: Beteiligte vernetzen, Gesundheit weiterdenken
Wie soll die Gesundheitsversorgung und -förderung im Landkreis Wolfenbüttel in Zukunft aussehen? Mit dieser Frage haben sich mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der 2. Gesundheitskonferenz der Gesundheitsregion Wolfenbüttel beschäftigt. Im Konferenzzentrum des Städtischen Klinikums Wolfenbüttel trafen sich am Mittwoch, 13. November 2024, Vertreterinnen und Vertreter des Gesundheitssektors, der Politik und der Kommunen um erste Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen, die auf der 1. Gesundheitskonferenz im November 2023 gegründet wurden, vorzustellen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Marius Haack von der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V. (LVG & AFS), die die regionalen Gesundheitsregionen unterstützt.
Dass die Gesundheitsversorgung oben auf der politischen Agenda steht, machte Landrätin Christiana Steinbrügge in ihrer Begrüßung deutlich: „Die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum wird ein Dauerthema bleiben. So wird derzeit ein Beschluss des Kreistages dazu bearbeitet. Darüber hinaus beteiligt sich der Landkreis mit einem Zuschuss in Höhe von einer Million Euro an der baulichen Erweiterung der zentralen Notaufnahme am Städtischen Klinikum Wolfenbüttel. Gerade die Menschen im ländlichen Raum profitieren von einer gut erreichbaren Notfallversorgung und einem wohnortnahen Klinikaufenthalt“, so Steinbrügge.
Arbeitsgruppen stellten Ergebnisse vor
Die Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit den Themen medizinische Versorgung, pflegerische Versorgung sowie dem Thema gesund aufwachsen, leben und alt werden.
Medizinische Versorgung im Landkreis
Kathrin Klooth, Gesundheitsdezernentin im Landkreis Wolfenbüttel, berichtete im Gespräch mit Haack über den Stand der medizinischen Versorgung im Landkreis. Die ist laut der Kassenärztlichen Vereinigung (KVN) bislang sehr gut. Dass dies aber nicht überall im Landkreis, vor allem in den ländlichen Räumen, so wahrgenommen wird, zeigt auch der Antrag des Kreistages zu diesem Thema.
Der Landkreis Wolfenbüttel besteht aus drei hausärztliche Planungsbereichen (HPB): HPB Salzgitter (SG Baddeckenstedt), Wolfenbüttel (Stadt, SG Elm-Asse, SG Oderwald, Schladen-Werla) und Braunschweig (Sickte, Cremlingen), welche Versorgungsgrade von rund 84 bis 105 Prozent vorweisen. Erst ab einem Versorgungsgrad von unter 75 Prozent wird von einer Unterversorgung gesprochen, welches auf keinen der HPB im Landkreis Wolfenbüttel zutrifft.
Die Hausärztinnen und Hausärzte sind allerdings ungleichmäßig über die Planungsbereiche verteilt, die meisten praktizieren in der Stadt Wolfenbüttel. Eine weitere Herausforderung sei, so Klooth, dass nicht nur die Bevölkerung immer älter wird, sondern auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Nicht nur die Themen Erreichbarkeit und Mobilität werden daher einen größeren Stellenwert einnehmen, sondern auch, dass nicht jeder Standort mit hausärztlicher Versorgung gehalten werden kann.
Trotzdem habe der Landkreis das Ziel, mit seinen Partnern, etwa der KVN und dem Klinikum Wolfenbüttel, am Erhalt oder Verbesserung der aktuellen hausärztlichen Versorgung in den ländlichen Räumen zu arbeiten. „Wir nutzen die Gesundheitsregion, um uns diesem Thema zu nähern. Nur gemeinsam können wir Lösungen erarbeiten und schaffen“, so die Gesundheitsdezernentin.
Pflegerische Versorgung im Landkreis
Olga Schell (Hauspflegeverein Wolfenbüttel) und Jakob Richter (Gesamtleitung Pflege der Wohnen-und Betreuen; Stiftung Neuerkerode) gingen vor allem auf das Thema häusliche Pflege ein. Das kann ganz plötzlich auftreten und dann benötigen pflegende Angehörige schnell Informationen zu unterstützenden Angeboten. „Wir sind im Landkreis Wolfenbüttel gut aufgestellt. Trotzdem wissen Angehörige oft nicht genau, wo sie akut Fragen stellen können und Informationen bekommen“, so Schell.
Die Arbeitsgruppe hat daher Informationskarten und ein Plakat entwickelt, wo auf lokale Informationsangebote hingewiesen wird, z.B. das Seniorenservicebüro und den Sozialen Gesundheitsdienst des Landkreises. Die Informationsmaterialien werden zeitnah in unterschiedlichen Institutionen ausgelegt.
Langfristig wünschenswert wären natürlich mehr Fachkräfte und eine stärkere Zusammenarbeit über alle Sektoren im Gesundheitsbereich hinweg, so Richter und Schell.
Bericht der Arbeitsgruppe „Gesund aufwachsen, leben und alt werden“
Der Name der Arbeitsgruppe ist Programm: Über das gesamte Leben hinweg soll es Angebote, aber auch Hilfe zur Selbsthilfe geben. „Wie packe ich meinen Gesundheitskoffer“ ist eine Idee der Gruppe, mit der Infos vermittelt werden, was Bürgerinnen und Bürger für ihre eigene Gesundheit tun können, etwa zu den Themen Ernährung und Vorsorgeuntersuchungen. Dr. Haack war dazu im Gespräch mit der Wolfenbütteler Kinderärztin Dr. Isabel Ferger, Jasmin Teitge (Klinikum Wolfenbüttel) und Berit Sutorius (Caritasverband für Stadt und Landkreis Wolfenbüttel).
Gerade vor dem Hintergrund, dass einige Kinder selten oder gar nicht bei Kinderärzten vorstellig werden, wurde ein Plakat für Eltern entwickelt, das auf die U1 bis U9-Untersuchungen mit Filmen und Flyern in unterschiedlichen Sprachen hinweist. Die Informationen werden demnächst in Kinderarztpraxen, Kitas und weiteren Orten aushängen.
Informationsweitergabe und Aufklärung werden darüber hinaus als wichtig angesehen. Ein Beispiel für eine bereits umgesetzte Maßnahme war ein Vortrag zum Thema Demenz am 21. November im Klinikum. Diese wurde vor Ort, aber auch als Onlineübertragung in die Gemeinden angeboten. So war auch in den Gemeinden ein Zusammenkommen und Austausch der Interessierten möglich.
Damit mehr Menschen länger gesundbleiben, sollte bereits im Kindesalter der Grundstein gelegt werden. Es gilt mehr Verständnis für die eigene Gesundheit zu entwickeln, um möglichst auch im Alter fit zu bleiben.
Regionales Versorgungszentrum
Zum Abschluss der Gesundheitskonferenz stellte Geschäftsführer Jörg-Peter Bensch das Regionale Versorgungszentrum (RVZ) in Baddeckenstedt vor. Teil des RVZ ist das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ), das über eine kommunale Arztpraxis die medizinische Versorgung in Baddeckenstedt sicherstellt.
Zahlreiche Beratungs- und Informationsangebote und Kurse der Volkshochschule rundeten das Angebot ab. Das RVZ ist ein Erfolgsmodell, so Bensch. Was er sich für die Zukunft des RVZ wünsche? „Weiter so!“
Hintergrund
Ziel der Gesundheitsregion ist eine stärkere Vernetzung der Gesundheitsakteure vor Ort und ein bedarfsgerechtes Versorgungssystem. Die Entwicklung und Umsetzung von neuen medizinischen Versorgungs- und Kooperationsprojekten sowie Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention sollen vorangetrieben werden. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und ihrer Auswirkung auf die Gesundheitsversorgung, ist das vorhandene Gesundheitssystem weiter zu entwickeln. Bedarfe und Bedürfnisse der Bevölkerung sollen in den Fokus genommen werden, um den vielfältigen Lebensbedingungen der Menschen in den unterschiedlichen Orten gerecht werden zu können.