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Datum: 14.03.2017

(Update 14.03.2017) Niedrigstrahlung rund um die Asse: Weitere Erkundungen notwendig

Dass aus dem Bergwerk Asse II radioaktive Strahlung in die Umgebung gelangt, ist unbestritten, ebenso wie die Tatsache, dass auch geringe Strahlung gesundheitliche Wirkungen hervorrufen kann. Doch welches Gesundheitsrisiko von dieser Strahlung ausgeht, liegt weitgehend im Dunkeln.

Veranlasst durch teilweise auffällig hohe Zahlen von Schilddrüsenkrebs in der ehemaligen Samtgemeinde Asse hatte der Kreistag beschlossen, ein öffentliches Fachgespräch zu veranstalten – und dieses fand nun statt im Dorfgemeinschaftshaus Remlingen.

Etwa 100 Interessierte konnte Landrätin Christiana Steinbrügge begrüßen und in ihrer Einführung über den aktuellen Erkenntnisstand informieren. Gleichzeitig benannte sie das Ziel der Veranstaltung: „Wir wollen wissen, wer welche Maßnahmen ergreifen sollte, um mehr Licht ins Dunkel rund um die spezifische Niedrigstrahlung an der Asse und ihre gesundheitlichen Auswirkungen zu brin-gen.“

Mit Michaela Kreuzer vom Bundesamt für Strahlenschutz, Hagen Scherb vom Helmholtz Zentrum München sowie Wolfgang Hoffmann von der Universität Greifswald hatte der Landkreis hochkarätige Referenten gewinnen können.

Michaela Kreuzer verwies auf die aus ihrer Sicht erheblichen Schwierigkeiten, bei Niedrigstrahlung eine Verbindung zu Krankheitsfällen zweifelsfrei nachzuweisen. Auch verwies sie auf die sehr geringen absoluten Zahlen, weshalb von statistischer Signifikanz keine Rede sein könne. Kreuzer lehnte es ab, einzelne vorhandene Studien als Grundlage für Beurteilungen heranzuziehen. Es sei wichtig, die Gesamtheit aller Studien zu betrachten.

Diese Sichtweise rief heftigen Widerspruch von Hagen Scherb und Wolfgang Hoffmann hervor. Beide verwiesen darauf, dass seit vielen Jahren insbesondere bei atomaren Unfällen wie Tschernobyl und Fukushima statistisch eindeutig nachgewiesen sei, dass auch Niedrigstrahlung zu Krankheits- und auch Todesfällen geführt habe. Scherb berichtete von seinen Forschungen zum Geschlechterverhältnis bei Neugeborenen: Danach scheint Niedrigstrahlung dafür verantwortlich zu sein, dass in betroffenen Gebieten mehr Jungen und weniger Mädchen geboren würden.

Auch Wolfgang Hoffmann stellte dar, dass ein grundsätzlicher Zusammenhang zwischen Niedrigstrahlung und zusätzlichen Erkrankungen nicht zu leugnen sei. Allerdings stellte Hoffmann auch klar, dass die Höhe der Niedrigstrahlung an der Asse äußerst gering sei: „Sie liegt noch um Größenordnungen unter den Werten, für die wir bislang Erkenntnisse haben. Wir reden beim Thema Asse nicht von einem klassischen Risikogebiet.“Einig waren sich alle drei Referenten, dass unbedingt weiter geforscht werden müsse, um auch für so geringe Strahlenwerte mehr Erkenntnisse über die gesundheitlichen Risiken zu erlangen.

In einer Diskussionsrunde mit den Referenten, der Landrätin sowie Eleonore Bischoff von der Wol-fenbütteler AtomAusstiegsGruppe ging es vor allem um die Frage, welche konkreten Schritte zur weiteren Aufklärung ergriffen werden sollten. Hier kristallisierten sich einige Punkte heraus:

  • Als wichtigste Maßnahme sind die Ergebnisse der seit Jahren durchgeführten Umgebungs-überwachung kleinräumig mit Daten zur Gesundheitssituation abzugleichen, um mögliche Auffälligkeiten zu entdecken
  • Die Erfassung und statistische Auswertung von Krebsfällen und anderen möglichen strahlenbedingten Krankheiten sollte um weitere Ortschaften rund um die Asse ergänzt und in kürzeren Zeitabständen ausgewertet werden
  • Das Geschlechterverhältnis bei Neugeborenen sollte rückblickend und langzeitig auf mögliche Besonderheiten hin statistisch ausgewertet werden

Deutlich machten die Wissenschaftler auch, dass man vorher genau überlegen sollte, was man mit erhobenen Daten und Untersuchungsergebnissen anfangen wolle und könne.

Das Fazit der Landrätin Christiana Steinbrügge am Ende der Veranstaltung war eindeutig: „Es ist gut und notwendig, dass wir uns mit der Niedrigstrahlung an der Asse beschäftigen. Das Thema ist für uns von großer Bedeutung.“ Es herrsche ein erheblicher weiterer Aufklärungsbedarf, und daraus werde der Landkreis die Bundes- und Landesbehörden nicht entlassen.