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Engagement des Monats - Rosa Lunianguissa

1990 flüchtete Rosa Lunianguissa hochschwanger mit ihrem Ehemann und ihren noch kleinen Kindern von Angola nach Berlin, weil ihr Mann aus politischen Gründen in ihrem Herkunftsland verfolgt wurde. In Berlin wurden sie der Samtgemeinde Sickte zugewiesen, wo Rosa zehn Jahre mit ihrer Familie lebte. In Sickte bekam sie sehr viel Unterstützung von der Gemeinde und der katholischen Kirche, was eine nachhaltige Verbundenheit zum Landkreis Wolfenbüttel hervorgerufen hat. Heute lebt sie schon viele Jahre lang in Wolfenbüttel und hilft damals wie heute überall dort, wo Hilfe benötigt wird.

Welche Ehrenämter üben Sie aus und wie sind Sie dazu gekommen?

2017 habe ich mich als Ehrenamtliche für den Übersetzer*innenpool der Diakonie registriert, weil ich selbst miterlebt habe sich nicht gut verständigen zu können. So bin ich bei meiner ehrenamtlichen Arbeit versichert und habe eine Ansprechperson. Seitdem engagiere ich mich dort regelmäßig ehrenamtlich als Übersetzerin für Französisch und begleite Personen auf dem Weg zu Terminen in den unterschiedlichsten Bereichen. Heute begleite ich beispielsweise eine schwangere Frau zu ihrem Termin beim Frauenarzt.

Mehrmals in der Woche übersetze ich auch im Salawo auf Französisch für eine Gruppe afrikanischer Frauen. Der Salawo ist ein offener Bürgertreff im Stadtteil Auguststadt in Wolfenbüttel und bietet zahlreiche Beratungsangebote, Aktivitäten und Veranstaltungen für alle Bewohner*innen Wolfenbüttels an. Beispielsweise fragen sie dort nach einer Übersetzung für ihre Briefe und ich übersetze diese dann auf Französisch und erkläre ihnen die nächsten Schritte.

Manchmal übersetze ich auch für die Evangelische Familien-Bildungsstätte (efb) in Wolfenbüttel.

Insgesamt betreue ich momentan ungefähr 16 Personen fest, die auch meine Telefonnummer haben, damit sie mich zu jeder Uhrzeit erreichen können, wenn sie Hilfe benötigen. Ich kümmere mich zum Beispiel um ihre Kinder bei mir zu Hause, wenn sie einen Termin haben oder bin die Begleitperson bei ihrer Geburt.

Für mich macht es keinen Unterschied, welchen Hintergrund und welche Geschichte die Person hat, der ich helfe, da für mich alle Menschen gleich sind.

Vor einigen Jahren habe ich den Verein „Bellarmino de Sabugosa Van-Dunem e.V.“ mit Sitz in Wolfenbüttel mithilfe meines Sohnes gegründet, um mich nicht nur in Deutschland ehrenamtlich zu engagieren, sondern auch in Afrika. Der Verein ist nach dem Großvater meiner Kinder benannt, der als Arzt und Präsident des Angolanischen Roten Kreuz zu seiner Lebensaufgabe gemacht hatte, Menschen zu helfen. Ich bin damit aufgewachsen, dass er selbst mitten in einer Sitzung aufstand, seinen Arztkoffer nahm und zu einem Patienten in Not eilte. In diese großen Fußstapfen wollten wir treten und haben 2019 dann erstmals Medikamente und Medizinprodukte in die DR Kongo gebracht und diese dort Krankenhäusern gespendet. Zuvor haben mein Sohn und ich gemeinsam Medikamente in den Apotheken, Praxen und Gemeinden gesammelt und um Spenden für die Überfahrt der Medikamente per Schiff gebeten, da es sehr teuer war. Die Resonanz war überwältigend, aber eine Vielzahl der Kosten mussten wir trotzdem selbst übernehmen, wie beispielsweise die Reisekosten. Weil die Aktion den Menschen sehr geholfen hat, hatten wir geplant 2020 erneut kostenlose Medikamente nach Afrika zu liefern, aber aufgrund des Starts der Corona-Krise konnte die Aktion leider nicht nochmal durchgeführt werden.

Aufgrund des anhaltenden Krieges in der Ukraine haben wird auch dorthin Medikamente und andere notwendigen Utensilien mit einem Lkw geliefert, die wir in Deutschland gesammelt hatten.
Generell spende ich Geld sowohl an Familien in Afrika, damit diese Lebensmittel kaufen können oder den Schulbesuch ihrer Kinder bezahlen können als auch an hilfsbedürftige Menschen über Organisationen oder Personen. Wichtig ist dabei, dass diese nach ihrer Vertrauenswürdigkeit überprüft werden.

Warum engagieren Sie sich ehrenamtlich?

Seit meiner Kindheit ist es ein Wunsch von mir Menschen zu helfen. Keiner Person auf der Welt sollte Leid widerfahren.

Außerdem machen meine Ehrenämter mich sehr glücklich und tun mir gut. Ich würde sagen, dass die ehrenamtliche Arbeit zu meiner Leidenschaft geworden ist.

Als ich mit meiner Familie nach Deutschland gekommen bin, wurde mir ebenso sehr viel Hilfe von der Gemeinde in Sickte und der katholischen Kirche angeboten, was ich dankend angenommen hatte. Aus diesem Grund möchte ich der Gesellschaft auch etwas zurückgeben. Meine Kinder haben auch kostenlos Nachhilfeunterricht in bestimmten Fächern bekommen.

Für die Menschen in Afrika möchte ich mich aber auch engagieren. Die Situation Afrikas hat mich sehr schockiert, nachdem ich das Kontinent nach 14 Jahren das erste Mal wieder besucht hatte. Beispielsweise waren einige Frauen bereits mehrere Monate im Krankenhaus in Kongo, weil sie die Krankenhausrechnungen nicht begleichen konnten. In Afrika darf man erst das Krankenhaus verlassen, wenn man alle Rechnungen beglichen hat.

Was bringt Ihnen das Ehrenamt persönlich?

Das ehrenamtliche Engagement hat mir viel über meine eigene Person, die Behörden in Deutschland und andere Kulturen beigebracht. Zum Beispiel begleite ich viele Personen zu Arztterminen, wodurch ich auch viel über verschiedene Krankheiten gelernt habe.

Die ehrenamtliche Arbeit macht mein Leben wertvoller und ich erhalte viele positive Rückmeldungen. Als ich die Medikamente nach Kongo geliefert habe, habe ich beispielsweise eine Danksagung im Videoformat bekommen.

Helfen gehört zu meiner Natur!

Welche Ratschläge würden Sie zukünftigen Ehrenamtlichen geben?

Wenn man den Menschen langfristig helfen möchte, muss man selbständig arbeite. Ich kann es auch empfehlen, dass man sich bei einer Agentur oder einem Wohlfahrtsverband als ehrenamtliche Person meldet.

Generell sollte man aber beachten, dass man Menschen mit schweren Schicksalsschlägen begegnet. Aus diesem Grund sollte man sich emotional nicht zu stark an die Personen binden und immer nach vorne blicken. Wir sollten Helfen um des Helfens Willen.

Das Gespräch führte Rachel Kohl.

25.10.2022